Segel
und Motor
Seafly
hat die Geometrie der archaischen Krebs-Scheren-Segel im modernen Rigg umsetzen
können. Warum ist das Resultat dann eine „Adlerschwinge“, die mehr einem
Surf-Brett-Segel ähnelt?
/
Seafly´s
Segel-Optimierungs-Geschichte: Mast UND Baum bekamen jeweils eine gebogene Spiere und schlossen
auf diese Weise ein Krebsscherensegel ein! Die obere Spiere ist nun eine Hoch-Gaffel. Die Baumspiere ist weg optimiert:
Einfaches (!) back-Stellen des Segels aus der Schiffsmitte ersetzt das aufwendige
Umsetzen des Proa-Segels und erlaubt eine sekundenschnelle „Wende“. Aber dann war das Boot luvgierig (denn die „vor-Segelfläche“ war auch in die Mitte gerutscht). Die
Luvgierigkeit konnte mit einem trimmbaren Kippmasten wieder kompensiert werden (und
die „vor-Segelfläche“ war wieder da wo sie hingehört). Seafly dankt Günter für die unermüdlichen Umbauten innerhalb der Versuchsreihe.
Erstes
Fazit: Das Trimmen des Mastes geht leichter (und vor allem aus der Plicht
heraus) als das Umsetzen des ganzen Segels auf den neuen Bug, bzw. ersetzt
teure und technisch aufwendige Mimik. (Wird die Proa mit solch einfachem Handling nun doch ein Fahrtenboot?)
Nebenbei-Effekt: Die untere Spiere und die dort eingeschlossene
Segelfläche entwickelt keine Vortriebselemente (was unsere mitgeführte Kennlinien-Software
gnadenlos entlarvte). Das mag für unsere
Binnengewässer und Küstensegeln gelten aber möglicherweise auch für die Seafly
im allgemeinen, die direkt über dem Deck keine nennenswerten Vortriebelemente
gestattet (Turbulenzen, rücklaufende Winde ect.). Dies führte zum Weglassen der
unteren Spiere (samt unterer Segelfläche) und deshalb sieht es nicht mehr aus,
wie ein Krebscherensegel, sondern eher wie ne Adlerschwinge.
Zwischenzeitlich
lässt sich mit großer Sicherheit sagen, dass man besser die Finger von der
Gaffelgei lässt. Jedes Dichtholen der Gaffel verwandelt den Antrieb in
Widerstandssegeln. Die beste Fahrt hat man mit fast „ausgewehter“ Gaffel. Die
Deutung dieser Erfahrung ist unschwer aus der Tatsache zu entwickeln, dass
>>oben<< (bei gleich-langem Gegenwind-Vektor, rot) ein viel
größerer Wind-Vektor vorherrscht. Dies gilt insbesondere in geschützten
Binnengewässern:
Das spitze Dreieck im
unteren Segelbereich verlangt deshalb auch im unteren Bereich den spitzen
Anstellwinkel (Baum dichtholen) und im oberen die in Fahrtrichtung stumpfe
„Auswehung“ (grün).
Auf diese Weise streicht
der Wind in jeder Höhe nur entlang und muss das Segel nicht füllen.
..rechts
Trimmfehler, mitte Auftriebssegeln mit hohem Wirkungsgrad. Ps.: ..es profiliert
sich durch das Eigengewicht des angestellten Segels auch bei Windstille.
Das Thema Motor spielt
erst bei größeren Schiffen eine Rolle. Wenn man nicht gerade allein ohne
Paddelhilfe auf dem Rhein segelt, denn wehe der Wind setzt aus. Für die
kleineren Projekte sollte man sich mit dem Tretbootantrieb auseinandersetzen;
eine echte Alternative, denn wir haben in den Beinen viel Kraft und brauchen
segelfremden Vortrieb selten. Die nächste Seafly (siehe aktuelles
PROJEKT) hat über dem Auftriebsdach Platz für 1kW Ladestrom aus Solarpanels
und muss deshalb nie an die Tankstelle.
Hier möchte ich Ihnen
noch eine Seafly unter Bermudarigg zeigen:
Wer
keine Rollfocks hat, muss bei einer Proa vor der Wende die eine Fock bergen und
nach der Wende die andere aufholen.
Dazwischen wird er nur mit Großsegel fahren. Das
ist nicht nur Umständlich. Während das Boot nur mit Groß fährt, wird es
luvgierig und muss bugsiert werden. Gleichzeitig sollte man wieder eine Fock
setzen...
Man wird in engen
Fahrwassern ohne Fock fahren und erkennen wie wenig Anstellung eine Seafly
braucht, bzw. verträgt, damit sie nicht im Aufschießer endet. Natürlich nimmt
man zuerst das geschenkte Rigg oder dies vom anderen Boot. Aber der Bau einer
Hochgaffel lohnt sich ungemein, denn das sekundenschnelle Aufkreuzen in engstem
Fahrwasser wird zur wahren Freude, wenn es doppelt so viel Fahrt bringt und die
Luvgierigkeit stoppt. Zudem hat die Seafly ausreichende Tragfähigkeit, um sich
den Wind in der Höhe zu holen.
In diesem Zusammenhang
sollte ein Wort zum Schwert gesagt werden können: In der Hauptsache bremst es.
Zeigt das Log 6kn, dann springt es schlagartig auf 9, wenn man das Schwert
aufholt. Und die harten amWind-Touren macht man meistens schneller mit größerem
Bogen. Müsste ich auf eines Verzichten, so wäre es das Schwert und nicht die
Hochgaffel.
Die Lateralfläche
eines Schwertes scheint die Seafly nicht zu brauchen, denn die am Hebel
beidseitig, also vor- und achteraus geführten Ruder kompensieren aktiv. Sie
erlauben jeden Kurs, auch das Drehen im Kreis auf Bootslänge.
Fine. Den
Segelmachern sei noch gesagt, dass die Kette parallel zum Achterliek läuft und
der Schuß parallel zum Baum, denn die stets weicher reagierende Diagonale
brauchen wir im Gaffelbogen und auslaufend am Mast. Wir haben zwei
Hochgaffel-Segel, eine aus Seide (ca. 300mark), die im Video aus Gewebeplane
(ca. 50mark), können wegen unterschiedlicher Größe aber kaum vergleichen.
Noch etwas mehr zum
Thema im LOGBUCH, unter real, imaginär
und das Segel
mit dem Achterknick. Ein mahnendes Wort an dieser Stelle: Die Slup-Takelung, bzw. das
Bermuda-Rigg, wie manche sagen, muss als Notlösung angesehen werden. Es ist einfach
zu kompliziert und gefährlich, kann nicht
intuitiv bedient werden und hat einen schlechten Wirkungsgrad.